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Subheadline: Vortragsreihe „Chancen des Alterns“: Quartiersentwicklung in Tübingen preisgekrönt
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01.11.2012

Osnabrück. Was kann Osnabrück über das Zusammenleben von Jung und Alt von den Schwaben lernen? Die Quartiersentwicklung der Stadt Tübingen ist preisgekrönt. Baubürgermeister Cord Soehlke wird am Montag, 5. November, in einer Veranstaltung der Osnabrücker Bürgerstiftung erläutern, warum. Wir sprachen mit ihm im Vorfeld.

Herr Soehlke, das Thema Ihres Vortrags lautet „Viertel zum Leben und Arbeiten für Jung und Alt". Was muss man sich darunter vorstellen?

Wie in Osnabrück hatten auch wir große Konversionsprojekte in den vergangenen 15 Jahren ...
... 1991 hatten die französischen Truppen ihre Garnisonen in Tübingen verlassen ...
Genau. Und dort sind Quartiere entstanden, die sich dadurch auszeichnen, dass sie sehr durchmischt sind, sowohl sozial als auch, was Arbeitsplätze angeht.

Was machen Sie anders als andere Städte?

Eine Besonderheit ist, dass die Häuser in diesen Quartieren zu 80 bis 90 Prozent von Baugemeinschaften errichtet wurden.

Was bedeutet das?

Privatleute schließen sich zusammen und beauftragen einen Architekten. Das heißt, dass die Menschen, die hier leben wollen, ihr Quartier von Anfang an selbst definieren. In unseren Vierteln ist es eben nicht so, dass ein einzelner Investor Flächen kauft, bebaut und dann verkauft oder vermietet, wie es beim klassischen Bauträgermodell der Fall ist. Das Tübinger Modell zeichnet sich dadurch aus, dass wir als Stadt die Grundstücke erwerben und sie nicht nach Höchstpreisen verkaufen, sondern zu Festpreisen nach bestimmten Qualitätskriterien.

Haben Sie ein Beispiel?

Wir schauen immer: Was bringt das einzelne Projekt dem ganzen Quartier? Ich wohne selbst im französischen Viertel. Im Erdgeschoss meines Wohnhauses zum Beispiel hat sich ein Betrieb niedergelassen, der Fahrradnaben-Dynamos produziert. Dort arbeiten viele Menschen aus dem Viertel, die auf dem normalen Arbeitsmarkt Schwierigkeiten haben, einen Job zu finden.

Welche Rolle spielen ältere Menschen in Ihrem Quartierskonzept?

Es gibt viele, die nach der Familienphase sagen, wir wollen weg vom Land und zurück in die Stadt. Infrastruktur und gelebte Nachbarschaft sind ihnen besonders wichtig. Einkaufsmöglichkeiten, Theater, Cafés - das alles wollen sie vor Ort vorfinden.
Und das ist in den Tübinger Quartieren der Fall?

Ja. Die Netzwerke sind hier sehr ausgeprägt. Durch das Modell der Baugemein schaften lernen sich die Nachbarn ja schon vorher kennen.

Wie sieht es mit altersgerechtem Wohnen in den Vierteln aus?

Wir haben viele Beispiele für generationenübergreifendes Wohnen und auch für gemeinschaftliches Wohnen im Alter.

Zum Schluss hätte ich noch eine Frage, die wir allen Referenten gestellt haben: Haben Sie Angst vor dem Älterwerden?

(überlegt) Ja, das ist ein Thema. Ich bin jemand, der nur schwer loslassen kann von der Arbeit. Ich verspreche mir von meinem Wohnquartier schon, dass ich nicht von einem Tag auf den anderen raus bin aus dem Alltagsleben. Meine Mutter ist genau deshalb selbst ins französische Viertel gezogen.

„Die Mischung macht's: Viertel zum Leben und Arbeiten für Jung und Alt", eine Veranstaltung der Bürgerstiftung Osnabrück in der Vortragsreihe „Chancen des Alterns": Montag, 5. November, 17 Uhr, Osnabrücker Rathaus, Sitzungssaal, Bierstraße 28.

Zu Gast in Osnabrück: Cord Soehlke.Foto: privat

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung vom 01.11.2012






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